Das Wappen – Bild und Bedeutung

Im Jahr 1779 erhob die deutsche Kaiserin Maria Theresia ihren General (General-Feld-Marschall Lieutenant) Christian Wolfgang von Faber in den Freiherrenstand der österreichischen Erblande. Das damit verbundene Wappen wird in der Adelsurkunde genau beschrieben und festgelegt:

Und zu mehrer Gezeugnuß dieser Unserer Gnade, und Erhebung seiner in den Herren Stand, haben Wir ihnen sein vorhin anererbtes, nunmehro freiherrliches Wappen und Kleinod bestättiget, und selbes in das künftige zu führen erlaubet: Nämlich einen aufrechtstehenden mit zwey goldenen Quer-Balken belegten blauen Schild, über den obern Balken liegen nebeneinander drey gleich große silberne Münzen (Pesans genannt), zwischen den zwey goldenen Balken zwey dergleichen Münzen, und eine unter dem unteren Balken in der Mitte des Schildfußes. In der Mitte des Schildes ist ein blaues Herzschildlein, und darinnen unter einer goldenen offenen Lilien- oder so genannten Dauphins-Krone eine goldene geöffnete Beißzange, unter dieser eine ganze silberne Lilie, zu beyden Seiten aber eine mit der Theilungs-Linie am Rand des Schildleins zu stehen kommende halbe Lilie. Den Hauptschild decket eine freiherrliche Krone, und darauf stehen zusammen gewendet zween offene gold gekrönte Turniers-Helme mit ihren anhangenden goldenen Kleinoden, deren erster mit einer ganz blau und goldenen, – der zweyte aber nur oben mit blau und gold, in der Mitte roth und silber, und dann zu Ende wieder blau und gold kunstmäßig vermischt – herabhangenden Decken gezieret ist. Auf dem ersten Helm stehet der schon beschriebene Hauptschild ohne Herzschildlein, an welchem neun silberne Straußfedern herumstehen, auf dem zweyten Helm ein natürlicher Pfauenschweif, so wie die Schildhalter zween einwärts stehende natürliche Pfauen sind. Allermaßen solch freyherrlicher Wappen und Kleinod in der Mitte dieses Unseres Königlich und Erzherrzoglichen Diplomatis gemahlet, und mit Farben eigentlich entworfen zu sehen ist.

Anhand dieser Beschreibung, der sogenannten Blasonierung, fertigte der Wappenmaler des Hofes eine farbige Ausführung an, welche zu den Akten des Adelsdiploms gelegt wurde.

Aufbau

Man kann davon ausgehen, dass der Bedachte, Christian Wolfgang, einen Vorschlag für sein zukünftiges Wappen eingeben durfte, es also seiner Idee entspringt. Lässt sich heute, ein Vierteljahrtausend später, noch nachvollziehen, welche Gedanken und Einflüsse auf die Gestaltung einwirkten? Versuchen wir es.

Grundlage ist das „anererbte, nunmehro freiherrliche Wappen“ – also die angenommene Abstammung vom Geschlecht du Faur de Pibrac: Deren Wappen ist blau mit zwei goldenen Balken begleitet von sechs silbernen Besants, drei oben und drei unten.

Das Wappen der du Faur de Pibrac.

Diese Besants sind ein sehr altes heraldisches Element, welches sich bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Ein Besant symbolisiert eine Münze, in stilisierter Form als Scheibe oder Kugel. Zur Entstehung gibt es Vermutungen: Ritter hätten byzantinischen Münzen an ihren Schild genagelt, um an den Kreuzzug zu erinnern. Eine andere Erklärung, wohl die plausiblere: Das Motiv geht auf die Schildbuckel zurück, also jene Halbkugeln aus Metall, durch die der Holzschild an Stabilität gewann. Für diese Herkunftserklärung spricht, dass Besants in Wappen nicht immer als Scheiben, sondern auch als Halbkugeln dargestellt werden.

So oder so, ein Besant ist immer aus Metall, kann folglich nur silber oder golden sein, beziehungsweise in der Wappenumsetzung weiß oder gelb. Ist die Scheibe in einer anderen Farbe, so wird sie Tourteau genannt – das französische Wort geht auf einen kleinen runden Ölkuchen zurück.

Eigentlich hätte der kaiserliche Wappenmaler Besants kennen müssen, denn sie sind auch im deutschen Raum so verbreitet wie in Frankreich und England, allerdings malte er wirkliche Münzen statt stilisierter Scheiben. In den ersten Wappenbüchern wurde diese Darstellung übernommen, erst später tauchen auch die eigentlich richtigen Besants als weiße Scheiben auf. Nebenbei: Die Schreibweise der Urkunde „Pesans“, also mit P und ohne t, zumal in der alten Kanzleischrift, hat Jahre später einen Mitarbeiter eines Wappenwerkes so verwirrt, dass in dem Buch „Pesars“ steht – und das ergibt nun gar keinen Sinn.

Soweit der Grundschild. Auf ihm sitzt die Rangkrone. Dieses Element ist nicht frei wählbar oder gestaltbar, sondern durch den – sofern verliehenen – Titularrang bestimmt, in diesem Fall also Freiherr / Baron. Die Freiherrenkrone in der alten Form des Deutschen Reichs hat keine Zinken, sondern fünf aufsitzende Perlen und Perlschnur.

Besants sind ein gängiges heraldisches Element – das Wappen der Familie von Bülow zeigt 14 goldene Besants

Nach den durch Abstammung und Rang bestimmten Elementen folgte der Herzschild, wo die Gestaltung nicht reguliert war.

Um eine Abstammung zu visualisieren, gibt es in der Heraldik zwei Optionen: Teilung und Herzschild. Bei der Teilung wird das Wappen zum Beispiel an der senkrechten Mittellinie halbiert, oder wie die Heraldik sagt: gespalten. Auf einer Hälfte verbleibt das Abstammungswappen, auf die leere Hälfte kommt das neue Motiv. Solche Teilungen erfolgen senkrecht, waagerecht oder diagonal und können auch wiederholt erfolgen, so dass ein Wappenschild dann vierfach geteilt ist oder noch mehr. Beim Herzschild hingegen bleibt das Wappen der Ahnen ungeteilt, und es wird ein zweiter, kleinerer Wappenschild mittig aufgesetzt.

Im Herzschild liegen drei silberne / weiße Lilien. Dieses heraldische Element, genannt Bourbonenlilie, französische Lilie oder Fleur de Lys, ist seit dem Mittelalter das Symbol der französischen Könige. Über die Herkunft wird spekuliert: Entweder eine stilisierte Schwertlilie. Oder eine Kriegsfackel der Merowinger. Oder eine Gleve, eine Stangenwaffe ähnlich der Hellebarde. Gegen die Abkunft von der Blume spricht, dass Lilien in Wappen eigentlich nur in Metall dargestellt werden, also gold und silber (gelb und weiß). Gegen die Waffe spricht, dass diese spezielle Lanzenform erst im späten Mittelalter aufkam, also Jahrhunderte nach dem Wappensymbol. Bleibt am plausibelsten die Erklärung als stilisierte Fackel – wirklich klären lässt sich das nicht mehr.

Als heraldisches Element findet sich die Lilie in zahlreichen Wappen – vor allem, wenn es einen Bezug zu Frankreich gibt. Ebenfalls auf Frankreich verweist die Lilienkrone darüber; sie ist das Erkennungszeichen eines Dauphins, also eines französischen Kronprinzen. Eine korrekte Dauphinskrone ist nicht offen, sondern wird durch einen oberen Bügel überwölbt; derartige französische Feinheiten waren dem österreichischen Wappenmaler aber unbekannt oder egal. Auffallend ist, dass sich die Lilien auch im Wappen des Grafen Leopold Joseph von Daun finden – mit manch weiterer Parallele. Dazu später mehr.

Lilie und Lilienkrone verweisen mithin auf Frankreich. Bleibt schließlich jenes heraldische Element, welches ganz im Zentrum des Wappens angebracht ist: eine Zange. Dargestellt wird eine der großen Zangen, mit welchen Schmiede die glühenden Metallstücke halten – Faber ist das lateinische Wort für den Schmied.

Das Wappen der Grafen Daun: Dieselben Lilien auf Blau, dieselbe Lilienkrone. Und auch der Wahlspruch ist identisch.

Mit Schild, Herzschild und Rangkrone ist das eigentliche Wappen komplett. Die übrigen Elemente bilden zusammen das sogenannte Oberwappen (auch wenn der Wahlspruch unten steht). Sie können je nach Zweck (oder Platz) auch weggelassen werden.

Beginnen wir unten: Ein Familienwahlspruch wird – sofern er vorhanden ist – immer ganz unten angeordnet, niemals darüber, typischerweise auf eine flatternde Banderole geschrieben. „Potius esse quam videri“, steht hier – „Mehr sein als scheinen“. Das ist erstens ein durchaus bekanntes Motto, in einer Variation heißt es sinngleich „Esse, non videri“. Das ist zweitens ein schönes Motto, man könnte aber durchaus einen winzigen Widerspruch zur schwelgerischen Wappengestaltung sehen. Und drittens ist es exakt der Satz, der unter dem Wappen des erwähnten Grafen prangt.

Derselbe Wahlspruch, die Dauphinskrone, die Lilien, der Helm mit Straußenfedern, all das findet sich im – älteren – Daunschen Wappen. Zuviel, um Zufall zu sein. Alles spricht dafür, dass es eine ganz bewusste Reverenz war, Anlehnung und Ehrerweis an ein großes Vorbild.

Leopold Joseph Graf von Daun war fünf Jahre älter als Christian Wolfgang, war wie dieser ein Offizier im österreichischen Heer und stieg dort rasant auf. 1749 wurde er mit der grundlegenden Neuorganisation des Heeres betraut, er schuf das Daunsche Reglement. Auch Christian Wolfgang machte ob seiner Verdienste Karriere im Heer. 1756 brach jener heftige Krieg aus, der später als der Siebenjährige in die Geschichte einging. Christian Wolfgang war da Kommandant des Regiments Pallfysch – und Graf Daun als Feldmarschall sein oberster Heerführer.

Nach dem Krieg schied Daun aus dem Armeedienst aus. Christian Wolfgang wurde Feldmarschall-Leutnant, so wie einst Daun, und schließlich Feldzeugmeister. Damit hatte er den zweithöchsten Befehlsrang im kaiserlichen Heer errungen. Eine wahrlich herausragende Leistung, die umso bemerkenswerter ist, als er aus dem Nichts kommend in die österreichische Armee eingetreten war, nicht wie die Dauns, die seit Generationen Generäle stellten.

Zusätzlich zu diesen Reverenzen zitiert das Wappen Kaiserin Maria Theresia beziehungsweise das Haus Habsburg: Als Schildhalter wählte Christian Wolfgang unter den zahlreichen heraldischen Figuren zwei Pfauen aus, und die Parallele zum Habsburger Pfau ist sicher kein Zufall. So wie auch der Pfauenschweif als Helmzier aus dem Habsburger-Wappen entstammt und eine der Helmdecken nicht nur die Familienfarben blau-gelb zeigen soll, sondern auch rot-weiß – die Farben der Habsburger und Österreichs. Letztere Feinheit ging in späteren Darstellungen unter.

Die Festung Schweidnitz rechts und das Heerlager der Österreicher.

Die gesamte Komposition fügte der kaiserliche Wappenmaler in eine Art Theaterbühne im Stil der Zeit ein. In deren Hintergrund ist eine Landschaft dargestellt, in welcher die Festung Schweidnitz zu erkennen ist sowie die Feldlager der Österreicher; hier wird an jene Situation des Siebenjährigen Krieges erinnert, in welcher sich Christian Wolfgang besonders ruhmreich hervortat und verwundet wurde: die erste Erstürmung der Festung Schweidnitz 1757.